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Kommt der Fortschritt ins Stocken?

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In einem erstaunlichen Interview hat einer der Schlüsselfiguren des Silicon Valley grade konstertiert, dass der Fortschritt seiner Meinung nach ins Stocken geraten ist. Seit 1970 seien keine großen Schritte bei der Atomenergie, in der Luft- und Raumfahrt, der Chemie und sogar in der Elektrotechnik mehr gemacht worden.

Fast zeitgleich wendet sich Larry Page mit seinen Plänen eines Google 2.0 an die Öffentlichkeit. Statt virtuellen Communities soll die Firma dann Städte bauen. Basierend auf ihrer überragenden Intelligenz könnten die Algorithmen das öffentliche Leben wesentlich effizienter organisieren. Page träumt von einem Flughafen, der besser gemanaged wird.

Connecting Dots

Was Peter Thiel und Larry Page miteinander verbindet ist der Glaube an die nahende Singularität der Intelligenz. So sprach Thiel ebenso wie Sebastian Thrun von der Google-Abteilung für selbstfahrende Autos und auch Ray Kurzweil auf einer Konferenz namens Singularity Summit.

Sieht man sich die vielen Talks dieser Konferenz an muss einem automatisch Evgeny Morozow und sein Postulat des Solutionism. Er sagt im Kern, das Silicon Valley hätte eine Gruppe von Menschen hervorgebracht, die glauben, dass Technik ein probates Mittel ist, soziale, gesellschaftliche und politische Probleme zu lösen.

Wenn Thiel nun die Geschwindigkeit des Fortschritts in den letzten zwei Generationen beklagt, stellt er direkt die Grundpfeiler der Gesellschaft in Frage. Demokratie und Kapitalismus – oder deutsch: soziale Marktwirtschaft – sind offensichtlich nicht in der Lage, notwendige Gestaltungen vorzunehmen.

Weder Page noch Thiel sind jedoch bisher als übermäßige Kapitatlismuskritiker aufgefallen. Ihre Businesses funktionieren zunächst um so besser, je weniger Regulierung besteht. So liegt der Schluss nahe, dass sie das Konstrukt der Demokratie oder mindestens die parlamentarische Demokratie in Frage stellen. Könnte es sein, dass sie nach dem Markt nun auch die öffentliche Verwaltung deregulieren möchten?

Liquid Democracy

Was ihnen offensichtlich vorschwebt ist eine Art geschubste Liquid Democracy. “Geschubst” meint hier das was in dem Buch “Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt” gemeint ist. In der Vision von Thiel, Page und anderen ist aber der “Schubser” nicht mehr der Politiker oder der Beamte, der durch geschicktes Handeln die Mitglieder der Gesellschaft dazu bringen möchte etwas sinnvolles, zielgerichtetes zu tun, dieser Schubser sind Algorithmen, die die Menschen kennen. Es sind digitale Spiegel der Menschen. Für jeden gibt es eine Spiegelidentität.

In der Konsequenz bedeutet diese Entwicklung, dass die politische Klasse die Mechanismen der digitalen “Disrupter” zu einem Zeitpunkt übernehmen möchten zu dem eben diese bereits dabei sind die Basis der Politik selbst zu zerstören. Die Umarmung der digitalen Gestalter dürfte für die politischen Gestalter allerdings die letzte Umarmung sein.


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